Zwischen Kimchi und Weltpolitik – Phoenix Foundation auf Konzertreise in Südkorea vom 03. Bis 16.08.2017

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Die Luft ist gleich zu Beginn des Konzertes beim internationalen Musikfestival in Gyeongju so heiß wie die glühenden Lippen und Mundstücke der Blechbläser, die durchgeschwitzten Phoenix-Shirts halten die Waschmaschinen der Hotels auf Touren. Die Handys und Kameras der Koreaner glühen im Dauerbetrieb angesichts der vielen Clips und unzähligen Fotoshootings, Fernseh- und Radiointerviews vor, auf und hinter der Bühne. Die koreanischen Druckmaschinen sind ausgelastet angesichts der unzähligen Programme, Flyer und Banner, die für jedes Phoenix-Konzert eigens angefertigt wurden. Die Bandmitglieder sind baff. Leicht fällt es da, sich zu öffnen: auf der Bühne bereitwillig Publikumsanimation zu betreiben (auch den eher schüchternen oder „coolen“ Bandgenossen huscht bisweilen im „Land des Lächelns“ ein Selbiges über die Lippen) und hinter der Bühne bzw. nach dem Konzert sich den koreanischen Essgewohnheiten neugierig bis „kampflos“ zu ergeben. Sitzend(!) am Tisch im eisigen Wind der Klimaanlagen werden tellerweise Knoblauch, Kimchi (der traditionelle knoblauch- und fischsoßenbetont eingelegte Chinakohl) oder eingelegte rohe Oktopusärmchen und Spagetti in Seeigeleier-Suppe – in Korea gerne auch schon zum Frühstück – verdrückt. Dankbar werden die 24 Stunden geöffneten kleinen Supermärkte an jeder Ecke angenommen um sich zwischen dem nächtlichen Erreichen des Hotels und der morgendlichen Abreise noch mit einem kühlen Erfrischungsgetränk zu versorgen.


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Die schier unüberwindliche Sprachbarriere wird engagiert mit Spach-Apps des Handys angegangen. „Gahamsahabnida“ (Danke) und „Annyeonghaseyo“ (Hallo) hat nach kurzer Zeit jeder „drauf“, der Bandleader löst selbst noch mit leicht verhaspelten koreanischen Willkommensgrüßen auf der Bühne Beifallsstürme aus.

Hyun Eul Saing, die erste Vorsitzende des Organisationskommitees des Jeju International Wind Ensemble Festivals (JIWEF) betonte in ihrer Abschlussrede beim großen Abschlussbankett ihre Freude und Dankbarkeit gegenüber der Phoenix Foundation und den anderen Orchestern, die trotz der Krise den Weg nach Jeju gefunden hatten. Das JIWEF ist das größte und renommierteste derartige Festival im asiatischen Raum mit 3700 Mitwirkenden in rund 100 Ensembles aus 22 Ländern.

Zum sechsten Mal seit 1999 war die Phoenix Foundation – das Jugendjazzorchester des Landes Rheinland-Pfalz – in Südkorea auf Konzertreise. Die Offenheit und professionelle Arbeit des Orchesters wird hier sehr geschätzt.

Trotz oder gerade die wegen der angespannten politischen Großwetterlage im Norden Koreas konnte die Phoenix Foundation nicht von ihrer Mission abgehalten werden um die deutsch-koreanische Freundschaft und die guten Beziehungen besonders zu fördern und zu intensivieren.

Der Besuch war spannend und ereignisreich. In 12 Tagen zehn Konzerte mit bis zu 3000 Besuchern bei 3 internationalen Festivals und Sonderveranstaltungen, unter anderem in der Hauptstadt Seoul. Mit Hitzewelle bis Mitte 30 Grad bei 80% Luftfeuchte, 4 Hotels, Reisen mit Bus Flugzeug und Schiff quer durch das Land war es die intensivste Phoenix-Korea-Reise bisher.




Konzert beim Internationalen Musikfestival in Gyeongju vor 3000 Zuschauern

Trotz oder gerade die wegen der angespannten politischen Großwetterlage im Norden Koreas konnte die Phoenix Foundation nicht von ihrer Mission abgehalten werden, die deutsch-koreanische Freundschaft und die guten Beziehungen besonders zu fördern und zu intensivieren. Diese „Unerschrockenheit“ – für die Koreaner gelebter Alltag – wurde von den Gastgebern vor Ort sensibel registriert.

„Die Phoenix Foundation hat uns Koreaner mit ihren Konzerten begeistert. Wie der musikalische Leiter seine Band auf der Bühne präsentiert, das Programm auswählt und punktgenau seine Arrangements koreanischer Hits mit einbindet, zeugt von großem Verständnis und Einfühlungsvermögen für unser Volk.“ (Hyun Eul Saeng, Festivalpräsidentin Jeju International Wind Ensemble Festival)

Der Dank der stets gut gelaunten und quirligen Koreaner für das Phoenix-Engagement folgt auf dem Fuße: Einladung des Stadtbürgermeisters von Jeju – der eigens für den Empfang seinen Urlaub verschoben hatte – mit ausgiebigen Mittagessen für alle und – selbstverständlich – Fotoshooting. Empfang der Phoenix-Mitglieder durch das Organisation-Kommitee des JIWEF mit einem Banner das gefühlt so groß ist wie das Hauptsegel eines hochseetauglichen Dreimasters. Einladung ins Luxus-Hotel Oriental in Jeju zum Abschlussbankett, zu dem die Phoenix Foundation statt mit der üblichen kleinen Delegation komplett eingeladen wurde.


Empfang der Phoenix Foundation beim Bürgermeister von Jeju Ko Kyoung Sil (6.v.r) mit Tourorganisator Yoong Heon Yoon (4.v.r.)

 

Dies ist sicher auch der Leistung und dem zugewandten Auftreten der Phoenix Foundation auf der Bühne zu verdanken: Neben dem Phoenix-Jazzprogramm löste der eigens vom Bandleader arrangierte koreanische Export-„Schlager“ „Gangnam Style“ einen regelrechten Hype bei den Zuschauern aus. Von besonderem Wert sind die Kooperations-Konzerte mit lokalen Künstlern: Ergreifend die Beiträge mit der Gesangsgruppe der weiblichen Tauch-Fischer-Zunft im Süden der Insel Jeju (seit 2016 Welterbestatus für immaterielles Kulturgut), deren Texte vom beschwerlichen Arbeitsleben minutenlanger Tief-Tauchgänge – ohne Tauchgeräte – handeln. Nur dem koreanischen Volk eng verbundene Top-Orchester haben hier Zugang.


Konzert mit der Gesangsgruppe der Taucherinnen auf Jeju (seit 2016 Welterbestatus für immaterielles Kulturgut)

 

Der Verbreitung des Phoenix-Know-Hows dient die Einladung des Gesamtleiters von Seiten der Organisatoren des International Youth Wind Festival in Seoungnam, in international renommierter Dozentengesellschaft eine Masterclass mit gut 50 interessierten aktiven und passiven Teilnehmern zu geben.
Höhepunkt der Höflichkeiten am Ende der Reise: Bandleader Frank Reichert – seit 2012 beratendes Mitglied im Festival-Komitee – wird gebeten per koreanischem Gong zusammen mit den Festival-Komitee Mitgliedern die einstündige Abschluss Parade durch Jeju City mit allen teilnehmenden Orchestern einzuläuten.






Seoul City

„Mit seinem profunden Bigband-Know-How ist er begehrter Dozent bei unseren Meisterklassen. Frank Reichert wirkt mit unserem Europa-Vertreter Joong-Heon Yoon im kongenialen Team. Ihr Wirken ist eine Bereicherung für unser Land und unser Festival.“ (Lee Soojung, Festival-Leiterin Seoungnam International Youth Wind Festival)

Die zugewandten Einladungen und Ehrungen zeugen von der Wertschätzung der Koreaner für die Pflege der Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Korea, die vom Landesmusikrat, dem Träger der Phoenix Foundation, bereitwillig unterstützt wird. Die Konzertreisen der Phoenix Foundation sind ein Garant des Erfolgs des Jugendjazzorchester-Projektes insgesamt. Die begeisterten Band-Stimmen und Bilder sprechen für sich, so wie die kleinen Ereignisse am Rande, von denen es unzählige gab. Wie z.B. die Mutter mit dem weinenden Sohn:

Am letzten Abend vor der Abreise nach der Parade kommt eine Mutter mit ihrem 10 jährigen Sohn und fragt ob sie noch 3 CDs kaufen könne für ihren Sohn. Der habe nach dem Konzert am Vorabend so schrecklich geweint, weil Mutter kein Geld zum Erberb einer CDs dabei hatte. Auf der Parade sind leider keine CDs verfügbar, sie werden im Hotel zur Abholung hinterlegt. Die Mutter besteht auf Vorauszahlung und bittet um Signierung der CDs.


Chusa-Do

In einem Land wo sich zehnjährige von Big Band Jazz begeistern lassen ist die Phoenix Foundation gut aufgehoben. Und es geht das Gerücht, dass die Phoenix-Mitglieder seit ihrer Rückkehr nur noch mit Stäbchen gegessen haben..

„Korea war einfach fantastisch, in allen Belangen. Die Kultur, die Atmosphäre, die Natur und besonders das Publikum waren einfach nur beeindruckend und absolut bereichernd, ebenso wie die musikalischen Erfahrungen die wir als Band sammeln konnten.“ (Lars Schuster, Phoenix-Posaunist)


Dennoch blieb – nicht zuletzt bei den Eltern der jungen Teilnehmer – ein „mulmiges“ Gefühl angesichts der täglichen Presseberichte mit den Wortgefechten zwischen Machthaber Kim Jong Un und dem US-Präsidenten Donald Trump. Die Erleichterung aller nach der wohlbehaltenen Rückkehr war bei der Wiederbegegnung am Flughafen deutlich zu spüren.


Phoenix Foundation Tour-Besetzung 2017 mit Tour-Guide Eunhee Kang (1.v.l) und Gesamtleiter Frank Reichert (1.v.l)


Abschluss-Parade in Jeju