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Das Phoenix Experiment – Teil 2: “You’re the Top!”

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Die kreativen Corona-Aktivitäten der Phoenix Foundation gehen in die nächste spannende Runde. Das Landesjugendjazzorchester Rheinland-Pfalz nutzt die fortbestehenden Einschränkungen für Live-Musik weiterhin als Chance zu swingender Online-Harmonie und setzt nach dem großen YouTube-Erfolg  „Warm Breeze“ jetzt mit „You’re the Top“ noch einen drauf. Unter der Leitung von Frank Reichert präsentieren die jungen Musiker*innen auf YouTube den 40ger Jahre Klassiker von Cole Porter in frisch auf- und abgemischter Fassung. Das Video ist ab Donnerstag, den 10.09.2020 um 18:15 Uhr auf youtube hier abrufbar.


Schon die Entstehungsgeschichte dieser frisch-frech-fröhlichen Swing-Session ist eine Story wert. Schließlich hat die Phoenix-Foundation dafür ein jahrzehntelang vergessenes
Arrangement von Frank Comstock, das seinerzeit für die legendäre Les-Brown-Bigband geschrieben wurde, aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst. Das marode Notenmaterial entdeckten die jungen Musiker im Jahr 2018 im Archiv der  „Duke Uni“ in Durham North Carolina, dem Studienort von Les Brown. Phoenix Mitglied Tilman Schneider erweckte es per scan zu neuem Leben und editierte es neu.


Weltpremiere eines vergessenen Arrangements

Diese Musik wurde über Jahrzehnte nicht aufgeführt und noch nie in aktueller Soundqualität aufgenommen. Im aktuellen Soundgewand klingt sie wie frisch arrangiert. Und es gelingt den jungen Jazzern aus Rheinland-Pfalz wieder einmal, mit ihrer musikalischen Präsenz und ihrem lebendigen Zusammenspiel zu begeistern. 

Und das, obwohl sie als Bigband nach wie vor nicht in Wirklichkeit und Echtzeit zusammenkommen dürfen. Allein auf sich gestellt übte jeder für sich seine Stimme – im kritischen Abgleich mit der Originalaufnahme und den eigenen in früheren Arbeitsphasen gelernten stilistischen Ansprüchen. Das Online-Jazzen erfordert neben musikalischem Können vor allem Mut und Disziplin. Mut, sich selbst aufzunehmen, Feedback anzunehmen und sich auch der gegenseitigen Qualitätskontrolle zu stellen. Und die Disziplin, die bei begleitenden Videokonferenzen eingebrachten Ideen und Korrekturvorschläge umzusetzen und aus den Einzelstimmen einen exakt aufeinander abgestimmten Big Band-Sound zu formen.


Wie erleben die jungen Leute diese neue und ungewohnte Art des Zusammenspiels, mit der sie jetzt ja bereits einige neuer Erfahrungen gewonnen haben. Jona Bröcker, der Schlagzeuger der Phoenix Foundation meint dazu:

Als Schlagzeuger habe ich die Verantwortung, für ein stabiles Tempo und Kontinuität zu sorgen. Dafür ist normalerweise die direkte Kommunikation mit der Band essentiell. Umso spannender war es für mich, diesmal Musik mit der Band zu machen, ohne im gleichen Raum zu sein, ohne den direkten Kontakt zu haben und ohne die anderen Stimmen zu hören.

Denn unsere Online-Session wurde Stück für Stück in fester Reihenfolge nacheinander aufgenommen. Zuerst Johannes Meyer am Bass, dann ich als Zweiter. Da durfte kein Fehler passieren, denn unsere Stimmen bilden sozusagen die Grundmauern. Dazu muss man das Stück komplett verinnerlicht haben, es im Kopf mitsingen. Am besten nicht mehr viel in die Noten schauen, um sich voll auf das Spielen zu konzentrieren.

Natürlich habe ich jedes Mal neugierig reingehört, wenn eine neue Stimme dazu kam. Es ist schon interessant, wie sich das Spielgefühl verändert. Jede*r interagiert ja mit den zuvor aufgenommenen Stimmen und fügt aktiv seine eigene Note hinzu. 

Die Musik passiert also nacheinander und nicht gleichzeitig, wie sonst. Das ist für mich der größte Unterschied zum live-Spiel.  

Es musste sich also jede*r auf die anderen verlassen können, und das war für alle eine individuelle Herausforderung. Aber es hat funktioniert, denn wir haben einen wirklich sehr guten Zusammenhalt in der Band und das kann man hoffentlich auch hören.



In normalen Zeiten treffen die jungen Musiker*innen des Landesjugendjazzorchesters Rheinland-Pfalz unter Leitung von Frank Reichert sich zweimal im zu intensiven Arbeitsphasen und präsentieren die Ergebnisse jeweils in öffentlichen Konzerten, die längst mehr als ein Geheimtipp sind. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Sowohl die erste Arbeitsphase im Frühjahr, als auch die gemeinsame Deutschland-Tournee mit der berühmten Trommlerinnen-Formation Ingoma Nshya aus Ruanda wurden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. 

Lichtblicke im November

Zum Jahresende gibt es jedoch den einen oder anderen Lichtblick: Die Arbeitsphase im November – der einzige dieses Jahr nicht abgesagte Termin – kann nach derzeitigem Stand mit „coronalen“ Einschränkungen stattfinden. Die pandemiebedingte Live-Zwangspause hat das Landesjugendjazzorchester effektiv genutzt. Unter den fünf Landesjugendensembles in Rheinland Pfalz ist die Phoenix Foundation eines der ersten, das den Schritt ins Professionell-Virtuelle wagte. Gemeinsam mit dem Toningenieur Philip Sudheimer, der bis vor kurzem selbst bei der Phoenix Foundation Posaune spielte, entstanden beide YouTube-Auftritte. Darüber hinaus wird die Phoenix Foundation  zur Arbeitsphase im November eine neue CD herauszubringen, deren Aufnahmen bei einer Konzertreise in die USA im Jahr 2019 entstanden sind.